![]() Susanne Scharff, Dozentin für Textoptimierung, bei der Anleitung im Workshop. |
Lehrer der Berufsschule im Sprachtraining für lernschwache Schüler
Auch der erfahrene, der „gute“ Lehrer wird bisweilen im Unterrichtsalltag Schüler-auffälliges Verhalten erleben: Der Schüler stört den Unterrichtsablauf, beteiligt sich nicht am Unterrichtsgeschehen, reagiert gar aggressiv auf gut gemeinte Lehrerimpulse, die ihn zu Disziplin und Aktivierung ermuntern. Und: Die Leistungserhebungen fallen ungewöhnlich schlecht aus. Der erfahrene Lehrer kennt derlei Auffälligkeiten, wird die Problemsituation in den Griff bekommen und die Leistungsergebnisse durch Übungsphasen und ähnliche pädagogische Maßnahmen verbessern. Aber was steckt wohl dahinter, wenn sich diese Auffälligkeiten wiederholen oder gar häufen? Liegt das möglicherweise an einer Sprachbarriere, die dem Schüler mit Handicap den Zugang zum Sprachverständnis von Arbeitstexten oder Prüfungsaufgaben verwehren?
Für Schüler mit Förderbedarf
Genau hier greift das System der Textoptimierung. Frau Susanne Scharff vom Institut für Textoptimierung aus Halle an der Saale weiß, dass es viele Maßnahmen in der Texterstellung gibt, die den Schülern mit Förderbedarf den Zugang zum Verständnis der Sprache erleichtern. Susanne Scharf brachte für das Kollegium der Berufsschule Main-Spessart ein umfangreiches Fortbildungspaket mit nach Karlstadt: Nach dem wichtigen theoretischen Input konnte die Referentin die Lehrer im Workshop gezielt anleiten, Fachtexte, Arbeits- und Prüfungsaufgaben so zu modifizieren, dass die Sprachinhalte von jedem Schüler nachvollziehbar und handlungsrelevant verarbeitet werden können.
Die heikle Prüfungssituation
Vor allem in Prüfungssituationen müssen die Schüler und Schülerinnen rasch den barrierefreien Zugang zur Aufgabenstellung finden. Wer eine Prüfung ablegt, ist meist aufgeregt, zweifelt vielleicht am eigenen Wissen und dann erlebt der Prüfling Texte, die mit Alltagstexten nicht vergleichbar sind. Susanne Scharff fordert deshalb: „Gerade eine Prüfungssituation erfordert Übersichtlichkeit, Klarheit und Verständlichkeit in der Aufgabenstellung.“ Bei der Erstellung von Prüfungstexten und allen Arbeitstexten im Unterricht gibt es erstaunlich viele Ansatzpunkte, um Sprache und Textverständnis zu verbessern:
Sprachsensible Optimierung
Auf der Wortebene gilt es beispielsweise, anschauliche, gewohnte Wörter zu verwenden. Vermeiden sollte man indirekte Verneinungen, ungewohnte Abkürzungen oder Substantivierungen. Auf der Satzebene sollte man unter anderem kurze Sätze mit einfachen Nebensätzen verwenden, bei Fragesätzen und Aufforderungen nur 1 Element pro Satz verwenden und geläufige Konjunktionen einsetzen, um die Beziehungen zwischen den Sätzen zu verdeutlichen. Auf der Textebene stehen die Gliederungssignale im Vordergrund. Vorangestellte Überschriften und einheitliche syntaktische Strukturen erleichtern den Zugang zum Textverständnis. Zeichnungen, Tabellen können den Textinhalt veranschaulichen. Auch die zahllosen Möglichkeiten der Textgestaltung sind mit den modernen Unterrichtsmedien kreativ umsetzbar. Das Schreibprogramm am PC erlaubt gut lesbare Schriften, lesefreundliche Schriftgrößen, sinnvolle Zeilenumbrüche.
Eine gewinnbringende Fortbildung
„Textoptimierung kann man lernen“, so ein Teilnehmer bei der Ergebnispräsentation nach der Arbeit im Workshop. „Aber es ist schwer, etwas leicht zu machen.“ Für das Kollegium der Berufsschule war die Veranstaltung eine gewinnbringende Weiterbildung. Auch die Schüler und Schülerinnen werden von dieser Weiterbildung der Lehrkräfte mit noch besseren Schul- und Prüfungsleistungen profitieren und werden auch im Alltag ihren Horizont erweitern.
Die Referentin schloss ihre Ausführungen mit einem Zitat des Philosophen Ludwig Wittgenstein: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“
Quelle: Jahresbericht Schuljahr 2015/2016, Staatliche Berufsschule Main-Spessart, Karlstadt
Autor und Fotograf: Heribert Zeller