
… von Susanne Scharff in Evas Menasses Buch „Lieber aufgeregt als abgeklärt“ (1. Auflage, September 2016), Seite 202:
„Tag für Tag öffnete ich den Mund, um in meiner Muttersprache, die ich vermeintlich mit den Berlinern gemeinsam hatte, Kommunikation zu versuchen, und bekam, auf Berlinerisch gesagt, jedes Mal voll eine auf die Schnauze.
Im öffentlichen Nahverkehr: ‚Entschuldigung? Wo fährt denn hier der Bus nach Schöneberg?’ – ‚Bei uns in Berlin fährt der Bus uff de Straße!’ In der Videothek: ‚Entschuldigung? Haben Sie Viscontis Film >Die Verdammten<?’ – ‚Den ham wa so oft, dass wa den verleihn tun!’ “
IFTOs Dozentin schreibt dazu:
Kommt Ihnen das Thema „präzises Fragen“ aus den TOP-Schulungen bekannt vor?
Die Berliner/innen sind offenbar meisterlich darin, die Mehrdeutigkeit von Fragen ans Tageslicht zu holen. Das Fragewort „wo“ ist so offen, dass der Gesprächspartner alle möglichen Orte hineindeuten kann. Oftmals passiert das ganz und gar unabsichtlich. Missverständnis programmiert …
Fragen Sie präziser, z. B. „Von wo / von welcher Haltestelle fährt der Bus nach x/y?“
Fragen Sie sich: „Was will ich mitteilen? Was will ich erreichen?“ und schon fällt Ihnen sicherlich eine klare und unmissverständliche Option ein, z. B.: „Ich möchte Viscontis Film ‚Die Verdammten’ ausleihen.“ Und dann nachschieben: „Haben Sie den Film vorrätig?“
Je genauer wir uns unsere Absichten bewusst machen, desto verständlicher und eindeutiger fragen wir. Auch im Unterricht und in Prüfungen – Ihre Schützlinge werden es Ihnen danken!
Ein erfolgreiches neues Schuljahr bzw. einen produktiven Herbst wünscht Ihnen
Susanne Scharff
Nachsatz der aus Brandenburg stammenden IFTO-Geschäftsführerin Dr. Susanne Wagner:
Gute Idee, die Schnoddrigkeit der Berlin-Brandenburger Mitmenschen durch die Textoptimierungsbrille zu betrachten. Vielleicht hilft das beim Umgang mit dem z. T. rauen Sprach-Klima dieser Region? Ich werde es ausprobieren.
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